L. Schaugg - Galerie Holbein Lindau

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L. Schaugg

Rückblicke
2003 mit Lui Schaugg

Eine Welt auf einem kleinen Viereck

29. Juni 2003  Babette Caesar - Schwäbische Zeitung

LINDAU /NONNENHORN - Ihn und seine Malerei schätzen viele hier in der Region und dementsprechend war der Zulauf, als kürzlich in der Galerie Holbein eine Ausstellung von Lui Schaugg eröffnet wurde. 1982 hat der gebürtige Nonnenhorner in diesen Räumen seine erste Einzelausstellung gehabt - "entdeckt" von der Galeristin Dr. Annette Pfaff, die Schaugg schon länger kannte und sein Werk zu dem Zeitpunkt für "ausstellungsreif" befand.
Babette Caesar
Jetzt, 2003, ist es die achte Präsentation mit ganz aktueller Malerei zum Thema "Figur/Landschaft - Landschaft/Figur". Statt "fertigen Bildern" sei Schaugg der Schritt hin zu "freien Formen" gelungen, kommentierte sein Bruder, Gerhard Schaugg, die in Pigment auf Leinwand und Bütten gemalten Figuren/Landschaften.

Das sich nicht begrenzt fühlen ist ein wesentlicher Aspekt im Leben von Lui Schaugg. Sei es schon früh in der eigenen Schulzeit, als der Zeichenlehrer Otto Lauber ihm Farben schenkte und er sich mit dem Malen ein Stück Freiheit bewahrte, oder heute, da er aufgehört hat, Bilder „kaputtzumalen', nur weil er sie noch nicht für fertig hielt.

Schauggs künstlerische Sprache ist die der Farben, Flächen und Formen, in der das Denken, Konstruieren und Wollen keine entscheidende Rolle mehr spielen. Malen hat ihm mitgeholfen das Leben zu bewältigen im Sinne einer "Überwindung von Sackgassen zu Gunsten von Perspektiven" oder bildhafter gesprochen "ein Abenteuer, eine spannende Sache, die Faszination, auf einem kleinen Viereck eine Welt entstehen zu lassen".

Bis 2002 war Lui Schaugg Kunsterzieher am Montfort-Gymnasium in Tettnang. Ihm ist das herrschende Vorurteil "malender Lehrer" oder "verhinderter Künstler" gut bekannt, nur dass Schaugg schon als Jugendlicher sich für die Schullaufbahn entschieden hatte, seinen Vater, der Schuhmachermeister, aber auch Sonntagsmaler war, auf seinen künstlerischen Ausflügen begleitete, und wenn der Sohn krank im Bett lag, er auf Papierrollen erste Zeichnungen anfertigte.

Während des darauf folgenden Internatsbesuches in Saulgau war Schaugg ständiger Gast in der damals bereits gut flukturierenden Galerie "Die Fähre", machte Bekanntschaft mit Werken von Picasso, Rouault, Grieshaber und den Caspars. Die überregionalen Kontakte zu Künstlern, Museen, Ateliers pflegt Schaugg bis heute intensiv.

Er ist oft in Österreich und Wien anzutreffen, immer wieder den Spagat zwischen "Bürger" und "Künstler"aushaltend, fühlt er sich Avramidis, Brandl und vor allem Erich Müller sehr verbunden. Aus den frühen Figuren sind in den 80er Jahren Landschaften geworden, ohne dass Schaugg diesen Wandel genauer erklären könnte und es auch gar nicht will.

Charakteristisch sind die Abstrahierungen, die Farbschichtungen, von hohem Wiedererkennungswert seine leuchtenden Farben - vor allem das Rot und das Blau. Hinzugekommen ist jetzt ein warmes erdiges Rotbraun, und so wie Schaugg Anfang der 90er Jahre eine "Gelb-Phase" hatte, ist ihm erneut die Farbe eher "zugefallen", als dass er sie aus rationalen Gründen gewählt hat. Auf recht sinnige, doch für Schaugg kaum noch überraschende und eher bestätigende Weise, ist das Figurativ-Menschliche zurückgekehrt. Seine Kompositionen aus Farbschüttungen über aufgelegte Fundstücke aus der Natur können von landschaftlich Assoziiertem zu figürlich Lesbarem wechseln und umgekehrt. Ambivalenzen zwischen Baumstamm und Körperrumpf, zwischen Ästen, Gliedmaßen, Blättern und Muskeln haben sich für Schaugg zu einer Korrespondenz zwischen den vermeintlich chaotischen Systemen von Mensch und Natur entwickelt.

Lui Schaugg, Jahrgang 1939, lebt in Nonnenhorn in einem an die 400 Jahre alten, von ihm und seiner Familie in Stand gesetzten Bauernhaus. Es liegt dicht am Seeufer, nennt sich seit alters her "Haus zum Schiff" und ist bis heute ein Ort der Kommunikation. Nach jeder unternommenen Reise freute er sich wieder am Bodensee gelandet zu sein, was den Gedanken immer näher legte, dass er lediglich wegfahre um zurück kommen zu können. Der „See" bedeutet für Schaugg ebenso ein Zeichen der Freiheit mit Blick in Richtung Schweiz und Vorarlberg. Hingegen ihn die Hektik und der Lärm von Großstädten beunruhigen, er dort nicht länger leben könne, auch wenn Metropolen wie Prag, Paris oder Budapest fraglos ihre Reize hätten, und er sie kurzfristig immer wieder aufsucht.

Schaugg sieht sich heute mehr und mehr als "Gärtner", der alles Benötigte direkt vor der Haus- und Ateliertür vorfindet. Über seinen Lehrerberuf hinaus, der nie vom Künstlerischen losgelöst war, hat er sich zehn Jahre für Aufbau und Erhalt der Tettnanger Galerie im Torschloss engagiert und sich als Mitglied in der Jury des BBK Schwaben-Süd nicht nur selbst profiliert, sondern auch für andere, junge Künstler das Wort ergriffen.

Für Schaugg geht nichts verloren, denn in allem, auch im kleinsten Teil Materie steckt ein Stück Geist - gefragt nach einem noch unerfüllten Traum antwortet er mit "Porträts über Landschaftsbilder", also das Gesicht eines bestimmten Menschen auf dem Wege der Landschaft erfahrbar zu machen. Auch hierbei geht es um den Vorgang des Gestaltens, mit dem Kunst immer zu tun habe. "Wer gestaltet, zerstört nicht", wobei das Wort "gestalten" einen kreativen Prozess voraussetzt, und darin liegt für den Maler Lui Schaugg eine große Aufgabe der Kunst wirksam zu sein - als ein Mittel zur Toleranz.



aus: Jahrbuch des Landkreises Lindau 1990, Bergatreute 1990, Hrsg. Werner Dobras, S.51-54.
Lui Schaugg, "o.T.", Pigment/Mischtechnik, 1991, 33 x 23 cm. Privatbesitz Lindau.


Hans Pfaff, Vorwort im Katalog - von Freunden zum 55. Geburtstag des Künstlers.
" LUI SCHAUGG -MALEREI 1993/94".Hrsg. Oliver  und Christoph Schaugg, Lindau1994
 
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